Fokusthemen
Für eine vertiefende Untersuchung im Resilienz-Check schlagen wir drei Fokusthemen für das Infrastruktursystem Energie vor. Diese basieren auf der Analyse der Trends und systemischen Risiken im Zuge des Resilienz-Radars, einschließlich der verschiedenen Expertenbefragungen. Die vorgeschlagenen Fokusthemen sind eng mit den identifizierten Trendclustern und der Transformation des Infrastruktursystems verbunden und besitzen hohe Relevanz für transformative Resilienzstrategien. In methodischer Hinsicht eignen sich die spezifischen Themenzuschnitte sowohl für die geplante Partizipation im Resilienz-Check als auch für die Entwicklung von Zukunftsszenarien.
Fokusthema 1: Dezentralität und Zentralität im zukünftigen Stromnetz
Die Transformation des Energiesystems im Rahmen der Dekarbonisierung, wie im Trendcluster Dekarbonisierung des Energiesystems beschrieben, zeichnet sich durch eine verstärkte Dezentralisierung aus. Die konventionellen zentralisierten Erzeugungsanlagen und Stromnetze sind nicht mehr geeignet, um mit einem wachsenden Anteil an erneuerbaren Energien eine stabile Stromversorgung zu gewährleisten. Dezentralität ist vielschichtig. Für die Szenarioentwicklung stehen in diesem Themenvorschlag physische und netztopologische Dimensionen im Fokus: die technische Dimension der Anlagengröße, die räumliche Dimension der Nähe von Last und Erzeugung sowie die Integrationsdimension, die den Ausgleich charakterisiert. Obwohl die Dezentralisierung des Energiesystems viele Vorteile bietet, bringt sie auch spezifische Herausforderungen mit sich: verringerte Effizienz durch parallele Strukturen, Netz(in)stabilität, komplexe Koordinationsaufgaben sowie Cybersicherheit. Für die Szenarioentwicklung werden fachliche Schwerpunkte auf zwei unterschiedliche Optionen der Dezentralisierung gesetzt. Zum einen wird eine Vielzahl kleiner Erzeugungsanlangen fokussiert, mit Flexibilitätsmaßnahmen, die auf der untersten Netzebene angesiedelt sind. Zum anderen werden große (erneuerbare) Erzeugungs- oder Speicheranlagen an besonders geeigneten Standorten untersucht, von denen der Strom in die Verbrauchsregionen transportiert wird.
Fokusthema 2: die Rolle von Wasserstoff im zukünftigen Energiesystem
Die Rolle von Wasserstoff im Energiemix der Zukunft ist eine zentrale Frage der Transformation. Wie in Trendcluster Ausbau von Power-to-X-Infrastrukturen und der Sektorenkopplung beschrieben, kommt Wasserstoff bei der Sektorenkopplung eine zentrale Funktion zu. Es werden Infrastrukturen auf- und ausgebaut und die Zahl von Power-to-X-Anlagen steigt. Jedoch bestehen im Hinblick auf die Nutzungsoptionen von Wasserstoff einige Herausforderungen. Dazu gehören Kosteneffizienz, Wandlungs- und Transportverluste sowie erforderliche Infrastrukturen. Diese Herausforderungen führen zu Unsicherheiten und sind mit neuen Pfadabhängigkeiten, finanziellen Risiken, neuen geopolitischen Abhängigkeiten sowie Nutzungskonkurrenzen verbunden. Für die Szenarioentwicklung werden in diesem Themenvorschlag fachliche Schwerpunkte erstens auf die Anwendung von Wasserstoff im Industriesektor und zweitens auf das Anwendungsfeld Verkehr gelegt. In beiden Sektoren ist der zukünftige Einsatz von Wasserstoff zwar unumstritten, bezüglich des Ausmaßes divergieren die Einschätzungen jedoch erheblich.
Fokusthema 3: KI-Anwendungen im Stromnetz
Anwendungen von KI eröffnen vielversprechende Einsatzmöglichkeiten in unterschiedlichen Bereichen des Energiesystems. Sie können maßgeblich zur Förderung der Energiewende und eines umweltfreundlichen Energiesystems beitragen. Wie im Trendcluster Digitale Netz- und Verbrauchssteuerung beschrieben, hat KI im Stromnetz ein großes Potenzial. Anwendungen sind hier unter anderem das Monitoring der Netze durch Netzoptimierung, Vorhersagen potenzieller Ausfälle oder das Erkennen von Angriffen sowie weitere Funktionalitäten im Netzbetrieb und zukünftiger Smart Grids. Ein weiterer Einsatzbereich ist die vorausschauende Wartung. KI im Stromnetz ist gleichzeitig mit großen Herausforderungen verbunden, wie erhöhte Risiken durch Cyberangriffe sowie Softwarefehler, die die Stabilität und damit die Versorgungssicherheit gefährden können. Zudem ist die Zuverlässigkeit bei der Datenbereitstellung und die Datensicherheit zentral: Die zunehmende Nutzung von cloudbasierten Softwarediensten und externer Recheninfrastruktur zur Datenbereitstellung und -verarbeitung kann zu neuen Abhängigkeiten und Verletzlichkeiten führen. Für die Szenarioentwicklung werden in diesem Themenvorschlag aussichtsreiche KI-Anwendungen im Stromnetz fokussiert.
Büro für Technikfolgen-Abschätzung beim Deutschen Bundestag (TAB) (2024): Foresight-Report 2024. Mit Fokus auf die Infrastruktursysteme Energie, Landwirtschaft und Ernährung sowie Verkehr und Mobilität (Autor/innen: Bledow, N.; Eickhoff, M.; Evers-Wölk, M.; Kahlisch, C.; Kehl, C.; Nolte, R.; Riousset, P.). Berlin. https://foresight.tab-beim-bundestag.de