Das Infrastruktursystem
Landwirtschaft und Ernährung
Zu den Kernaufgaben des Infrastruktursystems Landwirtschaft und Ernährung gehört eine ausreichende Versorgung der Bevölkerung mit gesunden und ausgewogenen Nahrungsmitteln. Mit den ökologischen Grundlagen besteht dabei eine besondere Wechselwirkung: Die Lebensmittelproduktion ist auf intakte natürliche Ressourcen angewiesen, hat aber gleichzeitig großen Einfluss auf den Zustand von Boden, Wasser, Klima und Biodiversität. Die Entwicklung eines nachhaltigen Landwirtschafts- und Ernährungssystems ist deshalb Gegenstand zahlreicher politischer Strategien. Die Agrarpolitik wird durch eine breite Palette an Akteuren bestimmt, wobei mit der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) zentrale Rahmensetzungen auf EU-Ebene vorgenommen werden.
Um Klimaneutralität bis 2045 zu erreichen, sollen die Treibhausgasemissionen der Landwirtschaft in Deutschland bis zum Jahr 2030 um ca. 7 % reduziert werden [1]. Zudem hat sich die Bundesregierung das Ziel gesetzt, dass bis 2030 30% der Fläche ökologisch bewirtschaftet werden, während in der Ernährung eine pflanzenbetonte Ernährung mit einem hohen Anteil an ökologisch erzeugten, saisonal-regionalen Lebensmitteln gestärkt werden soll [2]. Auf EU-Ebene benennt die Farm-to-Fork-Strategie verschiedene Leitziele bis 2030, zu denen u.a. eine Reduktion des Einsatzes von gefährlichen Pestiziden und des Umsatzes antimikrobieller Mittel für Nutztiere und Aquakultur um 50% sowie der Düngemittel um mindestens 20 % zählen [3].
Die Stärkung der Resilienz des Landwirtschafts- und Ernährungssystems ist eine zentrale Priorität der Bundesregierung. Ihre Resilienzstrategie beinhaltet u.a. die folgenden Maßnahmen: Sicherung der Existenz landwirtschaftlicher Betriebe, Diversifizierung der landwirtschaftlichen Einkommen und von Absatzmärkte sowie die regelmäßige Überprüfung der Fähigkeit, auf Versorgungsstörungen angemessen zu reagieren [4]. Zur Steigerung der Resilienz sollen außerdem regionale Wertschöpfungsketten beitragen [2].
Das Infrastruktursystem ist komplex und befindet sich nicht zuletzt aufgrund der Transformationsbestrebungen in einer kontinuierlichen Veränderungsdynamik. Dies betrifft sowohl die beteiligten Akteure als auch die Wertschöpfungsstrukturen.
Zu den landwirtschaftlichen Vorleistungen gehören u.a. Betriebsmittel wie Saat-gut, Dünger, Pflanzenschutz- sowie Futtermittel, außerdem Landmaschinen und Gebäude. Die Produktion von Vorleistungen wird weitgehend von multinational agierenden Unternehmen dominiert.
Als grundlegende Stufe in der Lebensmittelkette produzieren landwirtschaftliche Betriebe (in Ostdeutschland häufig organisiert über Agrargenossenschaften) sowie Fischereibetriebe Nahrungsmittel (Pflanzen, Tiere und Meeresfrüchte), die angebaut, gezüchtet oder geerntet werden, um Lebensmittelprodukte herzustellen.
Lebensmittel müssen gelagert werden, da zwischen Erzeugung/Verarbeitung und Verbrauch längere Zeiträume liegen können. Oft ist eine gekühlte oder gefrorene Lagerung erforderlich, um die Haltbarkeit zu verlängern. Wichtige Lebensmittel wie Getreide, Mehl, Zucker, Nudeln und Konserven können zwar bei Raumtemperatur gelagert werden, müssen aber vor Feuchtigkeit, Hitze und Licht geschützt werden. Transport- und Logistikunternehmen sorgen dafür, dass die landwirtschaftlichen Erzeugnisse nach der Ernte zu den Lagern und später zu Verarbeitungsanlagen oder Märkten transportiert werden und auch Vorleistungen wie Saatgut, Dünger, Pestizide, Futtermittel und Geräte rechtzeitig zu den landwirtschaftlichen Betrieben gelangen. In vielen Fällen werden Vorleistungen und landwirtschaftliche Produkte über Ländergrenzen hinweg exportiert oder importiert.
Die Verarbeitung von Lebensmitteln umfasst eine Vielzahl von Prozessen, die darauf abzielen, Rohstoffe in verbrauchsfertige Lebensmittel umzuwandeln. Zu den einzelnen Aufgaben gehören die Reinigung und Sortierung der Rohstoffe, das Schneiden und Zerkleinern in die gewünschten Formen und Größen, Kochen oder Erhitzen und ggf. Konservierung. Zuletzt werden die Lebensmittel verpackt, inkl. Kennzeichnung und Etikettierung.
Der Handel von Lebensmitteln erfolgt zwischen Produzenten, Großhandels- oder Einzelhandelsunternehmen sowie Verbraucher/innen. Dafür spielen unterschiedliche Vertriebskanäle eine Rolle, darunter Supermärkte, Onlineshops, Lieferdienste, Wochenmärkte und Direktverkauf vom Bauernhof. Die Lebensmittelprodukte werden schließlich von den Verbraucher/innen konsumiert. Dabei entstehen Abfallprodukte unterschiedlicher Art, insbesondere Bioabfälle sowie Verpackungsabfälle, aber auch nicht verkaufte Lebensmittel enden größtenteils als Abfall.
Büro für Technikfolgen-Abschätzung beim Deutschen Bundestag (TAB) (2024): Foresight-Report 2024. Mit Fokus auf die Infrastruktursysteme Energie, Landwirtschaft und Ernährung sowie Verkehr und Mobilität (Autor/innen: Bledow, N.; Eickhoff, M.; Evers-Wölk, M.; Kahlisch, C.; Kehl, C.; Nolte, R.; Riousset, P.). Berlin. https://foresight.tab-beim-bundestag.de
- Umweltbundesamt (2023): Bodenbearbeitung, www.umweltbundesamt.de
- Bundesregierung (2024): Gutes Essen für Deutschland – Ernährungsstrategie der Bundesregierung, www.bmel.de/
- Europäische Kommission (2020): Communication: Farm to Fork Strategy for a fair, healthy and environmentally friendly food system, ec.europa.eu
- Bundesregierung (2022): Deutsche Strategie zur Stärkung der Resilienz gegenüber Katastrophen. Umsetzung des Sendai Rahmenwerks für Katastrophenvorsorge (2015–2030) – Der Beitrag Deutschlands 2022–2030