Das Infrastruktursystem
Verkehr und Mobilität
Eine funktionsfähige Gesellschaft ist auf ein Verkehrssystem mit ausreichender Kapazität angewiesen. Sowohl für die Versorgung der Bevölkerung mit Energie, Gesundheit und Nahrungsmitteln als auch für eine leistungsfähige Wirtschaft und die individuelle Teilhabe am Arbeits- und Sozialleben ist eine effiziente Beförderung von Personen und Gütern unabdingbar. Um diese Aufgaben erfüllen zu können, braucht es eine intakte, leistungsfähige Verkehrsinfrastruktur, die kontinuierlich bedarfsorientiert weiterentwickelt wird.
Der Verkehrssektor steht in klimapolitischer Hinsicht vor besonders hohen Transformationsherausforderungen, da er – mit einem Anteil von rund 20% – zu den größten Verursachern von Treibhausgasemissionen in Deutschland zählt. Soll Deutschland bis 2045 klimaneutral werden, was das Ziel der Bundesregierung ist, müssen – neben zusätzlichen Maßnahmen wie der Verlagerung von Verkehren – fossile Kraftstoffe durch klimaneutrale Alternativen substituiert werden. Gemäß dem Klimaschutzgesetz, das jedoch novelliert werden soll, ist als Zwischenschritt vorgesehen, dass die verkehrsbedingten Emissionen bis 2030 um 48 % gegenüber 1990 sinken.
Um die Klimaziele zu erreichen, hat sich die Bundesregierung vorgenommen, den Schienenverkehr zu stärken und dessen Verkehrsleistung bis 2030 deutlich zu steigern. Außerdem wurde beschlossen, die Elektrifizierung des motorisierten Individualverkehrs voranzutreiben und die für deren Betrieb erforderliche öffentliche Ladeinfrastruktur auszubauen. Die Preise für fossile Kraftstoffe steigen durch die nationale CO2-Bepreisung sowie die auf EU-Ebene beschlossene Einführung eines eigenständigen Emissionshandelssystems (ab 2027) für den Straßenverkehr (sowie Gebäude) kontinuierlich an. Auf europäischer Ebene wurde parallel dazu ein Verbot von Verbrennungsmotoren in Neuwagen ab 2035 beschlossen und es wurden die CO2-Flottenzielwerte für Pkw und leichte Nutzfahrzeuge verschärft.
Das Infrastruktursystem ist komplex und nicht zuletzt aufgrund der Transformationsbestrebungen einer kontinuierlichen Veränderungsdynamik unterworfen. Dies betrifft sowohl die beteiligten Akteure als auch die Wertschöpfungsstrukturen.
Fahrzeuge sind komplexe Industrieprodukte, die in spezifisch auf die verschiedenen Fahrzeugtypen (Pkw, Lkw, Schiffe, Flugzeuge, Fahrräder etc.) ausgerichteten Industrien hergestellt werden. Die Fahrzeugindustrien umfassen die eigentlichen Fahrzeughersteller (z.B. Werften, Automobilhersteller) sowie Zulieferer für einzelne Bauteile. Die Lieferketten, die für die Herstellung benötigt werden, sind in der Regel weltweit verzweigt: Benötigt werden u.a. Komponenten (z.B. Chips, Batterien) und Rohstoffe, die häufig importiert werden müssen.
Zur materiellen Verkehrsinfrastruktur gehören die eigentlichen Verkehrswege (Straßen, Schienen, Wasserstraßen), aber auch die für die Sicherheit und Abwicklung des Verkehrs benötigten Elemente wie Bahnhöfe und (Flug-)Häfen, Tankstellen, Beleuchtung, Ampeln, Leit- und Verkehrsüberwachungssysteme. Die gesamte materielle Infrastruktur muss geplant, errichtet und kontinuierlich instandgehalten werden, was u.a. eine leistungsfähige Bauindustrie voraussetzt. Die Verkehrsentwicklungsplanung, also die Formulierung von Zielen und Maßnahmen im Bereich der Verkehrs- und Infrastrukturentwicklung, ist Sache der Kommunen. Zudem können auch immaterielle Komponenten wie Verkehrsregeln, Verkehrsrecht, Verkehrsüberwachung, Verkehrssteuerung sowie Infrastrukturplanungs- und -managementsysteme zur Verkehrsinfrastruktur gezählt werden. Deren Pflege und Durchsetzung obliegt in der Regel staatlichen Behörden und Vollzugsorganen.
Infrastrukturbauwerke und -komponenten wie Ampelanlagen, Weichen, Schleusen sowie auch Umschlagplätze (Bahnhöfen, Flughäfen, Häfen) müssen betrieben werden, damit ihre Funktionsfähigkeit gegeben ist. Dafür werden Personal und eine funktionierende Versorgung mit Energie und Breitbandinternet benötigt.
Der letzte Schritt beinhaltet den eigentlichen Transport von Gütern (Güterverkehr) und die Beförderung von Personen (Personenverkehr) mithilfe der verschiedenen Transport- und Verkehrsmittel. Dafür zuständig sind entweder private oder öffentliche Anbieter von Mobilitätsdienstleistungen (z.B. kommunale Verkehrsunternehmen), für die wiederum funktionierende Geschäftsmodelle benötigt werden. Viele Geschäftsmodelle vor allem im ÖV werden staatlich subventioniert. Sowohl für die Abwicklung des Güter- als auch Personenverkehrs wird Fach- und Servicepersonal benötigt. Zunehmend wichtig für Mobilitätsdienstleistungen ist außerdem die Verfügbarkeit von satellitenbasierten Navigationssystemen, welche die Grundlage für Echtzeitnavigation bilden.
Büro für Technikfolgen-Abschätzung beim Deutschen Bundestag (TAB) (2024): Foresight-Report 2024. Mit Fokus auf die Infrastruktursysteme Energie, Landwirtschaft und Ernährung sowie Verkehr und Mobilität (Autor/innen: Bledow, N.; Eickhoff, M.; Evers-Wölk, M.; Kahlisch, C.; Kehl, C.; Nolte, R.; Riousset, P.). Berlin. https://foresight.tab-beim-bundestag.de