Handlungsfelder
Zur Steigerung der Resilienz des Wassermanagements in der Landwirtschaft ist kurz- und mittelfristig eine bedarfsgerechte Bewässerung mithilfe effizienter Technologien und Verfahren von zentraler Bedeutung. Langfristig eröffnen neue Bewirtschaftungsformen und geschlossene Produktionssysteme zusätzliche Potenziale, deren Erschließung jedoch umfassende Voraussetzungen erfordert.
Die Fokusszenarien zu den strategischen Themenfeldern innovative Bewässerungssysteme, neue Bewirtschaftungsformen und geschlossene Produktionssysteme verdeutlichen die jeweiligen Potenziale, aber auch spezifischen Vulnerabilitäten.
- Innovative Bewässerungssysteme eröffnen Potenziale zur Effizienzsteigerung und Ressourcenschonung, schaffen jedoch gleichzeitig Abhängigkeiten von technischer Infrastruktur und digitaler Steuerung.
- Neue Bewirtschaftungsformen wie Agri-PV, Agroforst oder Wiedervernässung von Mooren und Paludikultur erhöhen die Anpassungsfähigkeit an klimatische Extreme, erfordern aber veränderte Strukturen, Investitionen und Qualifikationen.
- Geschlossene Produktionssysteme wie Vertical Farming ermöglichen eine weitgehende Unabhängigkeit von Wetter- und Klimaschwankungen, bergen jedoch Risiken durch hohen Energiebedarf, technologische Abhängigkeiten und begrenzte Skalierbarkeit.
Um die Resilienzpotenziale dieser Ansätze wirksam zu nutzen, müssen auch die mit ihrer Umsetzung verbundenen potenziellen Risiken und neuen Vulnerabilitäten frühzeitig adressiert werden. Deutlich wird, dass die Resilienz des landwirtschaftlichen Wassermanagements nicht durch einzelne Lösungen entsteht, sondern nur durch das integrierte Zusammenspiel ökologischer, technologischer und sozialer Ansätze nachhaltig gestärkt werden kann. Die folgenden themenspezifischen und bereichsübergreifenden Handlungsfelder können hierfür eine Grundlage bieten und dazu beitragen die Widerstandsfähigkeit des zukünftigen Wassermanagements zu verbessern.
Übergreifende Handlungsfelder
Die resilienzsteigernden Potenziale geschlossener Produktionssysteme, neuer Bewirtschaftungsformen und innovativer Bewässerungssysteme können nur dann wirksam erschlossen werden, wenn über diese spezifischen Optionen hinaus drei themenfeldübergreifende Policy-Bereiche systematisch adressiert werden: (1) die Entwicklung regional angepasster Wasserversorgungskonzepte, (2) der Aufbau einer transparenten Daten-Governance sowie (3) ein grundlegendes Umdenken in der Wasserwirtschaft.
Regional angepasste Wasserversorgungskonzepte als Grundlage resilienter Wassernutzung: Die zukünftige Dynamik von Wasserdargebot und Wassernachfrage in der Landwirtschaft ist maßgeblich von regionalen Faktoren und Besonderheiten abhängig. Daher sind differenzierte, regional adaptierte Versorgungskonzepte und belastbare Planungsgrundlagen für die Wasserversorgung in der Landwirtschaft zu entwickeln, die auf belastbaren hydrologischen, pedologischen, klimatischen und landnutzungsbezogenen Daten beruhen. Dazu zählen unter anderem Daten zur Wasserverfügbarkeit (Niederschlag, Verdunstung, Abfluss), zur Bodenbeschaffenheit (Wasserspeicherkapazität, Infiltration, Erosion), zum Klima (Temperaturverläufe, Trockenperioden) und zum spezifischen Wasserbedarf landwirtschaftlicher Kulturen.
Die Erarbeitung solcher Konzepte erfordert interdisziplinäre Ansätze sowie partizipative Prozesse (vgl. im Folgenden [1]), die lokale Akteure – insbesondere Landwirt/innen, Wasserbehörden und kommunale Entscheidungsträger – aktiv einbinden. Partizipation senkt Transaktionskosten, erhöht die Akzeptanz, stärkt die Umsetzungskompetenz vor Ort und trägt zur frühzeitigen Identifikation sowie Bearbeitung von Nutzungskonflikten bei. Dabei kann auf bereits bewährte Kooperationen regionaler Bewässerungsverbände angeknüpft werden, die die gemeinschaftliche Organisation der Wassernutzung mit der behördlichen Genehmigungspraxis verbinden.
Daten-Governance als Voraussetzung für evidenzbasierte Steuerung: Eine regionale, adaptive Wassernutzung erfordert eine belastbare Datenbasis. Derzeit bestehen erhebliche Defizite und Datenlücken, insbesondere im Hinblick auf Echtzeitdaten zur Bewässerungspraxis sowie zur räumlichen und saisonalen Dynamik von Wasserressourcen. Notwendig ist daher eine gezielte Forschungsförderung zum Schließen dieser Lücken sowie der Aufbau zentraler, interoperabler Dateninfrastrukturen mit offenem Zugang für Landwirt/innen, Planungsbehörden und Forschungseinrichtungen.
Zugleich ist eine klare und transparente Daten-Governance für ein nachhaltiges Management der Wasserressourcen in der Landwirtschaft erforderlich, die Rechte zur Datennutzung, Datenhoheit und zum Datenzugriff klar regelt – unter Wahrung des Datenschutzes und der betrieblichen Vertraulichkeit. Nur so kann das Vertrauen landwirtschaftlicher Betriebe in datengestützte Systeme gestärkt werden. Darüber hinaus sind robuste IT-Infrastrukturen mit redundanten Sicherungssystemen sowie einheitlichen Schnittstellenstandards nötig, um Systemintegration zu erleichtern und Sicherheitslücken zu minimieren.
Transformation der Landwirtschaft als übergeordneter Handlungsrahmen: Um die zukünftige Wasserversorgung der Landwirtschaft resilient zu gestalten, darf sie nicht isoliert betrachtet werden, sondern muss in den umfassenderen Kontext der Transformation des Landwirtschaftssystems eingebettet sein. Dazu ist ein grundlegendes Umdenken im Wassermanagement erforderlich, mit einem klaren Fokus auf die Wiederherstellung und Reintegration natürlicher Wasserkreisläufe. Ein Umdenken in der Wasserwirtschaft umfasst unter anderem die Reaktivierung von Speichersystemen, Anpassungsmaßnahmen bei Anbaukulturen und die Erschließung zusätzlicher Wasserressourcen. Ziel ist es, vorhandene Infrastrukturen dabei zu nutzen bzw. auszubauen, um die Speicherfähigkeit von Landschaften wiederherzustellen und Bodenfunktionen zu erhalten sowie zu stärken. Dazu gehört eine flächendeckende Förderung der Infiltration sowie die Reduktion der Entwässerung in landwirtschaftlichen Flächen und Wäldern. Kontrollierbare Drainagesysteme und die Speicherung von Drainagewasser, beispielsweise in Teichen, könnten das Entwässerungsmanagement landwirtschaftlicher Nutzflächen verbessern und dadurch mehr Wasser in der Landschaft zurückhalten. Darüber hinaus sind Anpassungsmaßnahmen in der Landwirtschaft erforderlich, wie die regional angepasste Auswahl von Feldfrüchten, ein optimiertes Ressourcen- und Bedarfsmanagement sowie effiziente und bedarfsgerechte Bewässerungssysteme. Zusätzliche Wasserressourcen könnten durch verstärkte Rückhaltung und Speicherung des Winterniederschlages bereitgestellt werden, um diese in den trockenen Sommermonaten zu nutzen. Auf dieser Basis können regionale und überregionale Maßnahmen zur Sicherung des Wasserbedarfs der Landwirtschaft entwickelt werden. Dabei wäre das Wassermengenmanagement künftig nicht auf administrative Grenzen, sondern auf Flusseinzugsgebiete oder Teileinzugsgebiete auszurichten. Die bisherige länderübergreifende und interkommunale Zusammenarbeit wäre entsprechend zu intensivieren.
- Riedel, T. et al. (2023): Wie kann die gemeinsame Bewirtschaftung von Grundwasservorkommen durch Land- und Wasserwritschaft gelingen? In: Energie | Wasser – Praxis, 9/2023, S. 60-65
Büro für Technikfolgen-Abschätzung beim Deutschen Bundestag (TAB) (2025): Resilienz-Dossier Wassermanagement in der Landwirtschaft (Autor/innen: Behrendt, S.; Bledow, N.; Evers-Wölk, M.; Kahlisch, C.; Kollosche, I.; Uhl, A.). Berlin. https://foresight.tab-beim-bundestag.de/wassermanagement-in-der-landwirtschaft
- Riedel, T. et al. (2023): Wie kann die gemeinsame Bewirtschaftung von Grundwasservorkommen durch Land- und Wasserwritschaft gelingen? In: Energie | Wasser - Praxis, 9/2023, S. 60-65