Handlungsfelder: Neue Bewirtschaftungsformen
Innovative landwirtschaftliche Bewirtschaftungsformen wie Agroforstsysteme, Paludikultur und Agri-PV bieten vielversprechende ökologische und ökonomische Chancen für eine resiliente und nachhaltige Landnutzung. Gleichzeitig gehen sie mit neuen systemischen Vulnerabilitäten einher, etwa im Hinblick auf Standortanforderungen, Betriebsintegration und Governance-Strukturen. Eine sorgfältige Planung und Umsetzung sowie eine gezielte politische Rahmensetzung sind entscheidend, um Innovationsbarrieren abzubauen, Risiken zu minimieren und die langfristige Tragfähigkeit dieser Systeme zu sichern. Damit die neuen Bewirtschaftungsformen wirksam zur Resilienzsteigerung des Wassermanagements in der Landwirtschaft beitragen können, sind politische Maßnahmen in mehreren Handlungsfeldern notwendig.
Die Förderung von System- und Handlungswissen ist für alle Akteure von zentraler Bedeutung. Der Aufbau interdisziplinärer Forschungsnetzwerke sowie die Entwicklung und der Zugang zu offenen Daten-, Informations- und Wissensplattformen sind essenziell, um Entscheidungsgrundlagen für Landwirt/innen, Planer/innen und politische Akteure bereitzustellen. Für Agri-PV-Anlagen besteht Forschungsbedarf insbesondere im Hinblick auf wasserbezogene Aspekte (z.B. Bodenfeuchte, Mikroklima), die bislang gegenüber Aspekten wie Lichtverfügbarkeit nachrangig behandelt wurden. Pilot- und Demonstrationsanlagen zur Erprobung sollten gezielt gefördert werden, um praxisrelevante Daten und Erkenntnisse zu gewinnen.
Gezielte finanzielle Fördermechanismen und Investitionssicherheit spielen eine entscheidende Rolle bei der Einführung neuer landwirtschaftlicher Bewirtschaftungsformen. Die Umstellung auf neue Bewirtschaftungsformen erfordert teils hohe Anfangsinvestitionen. Deshalb sind langfristig angelegte Förderinstrumente notwendig – etwa Investitionszuschüsse, Kredite und Steuervergünstigungen –, um das finanzielle Risiko zu mindern und den Übergang zu Agroforstsystemen, Paludikultur und Agri-PV in der Breite zu ermöglichen. Die Schaffung von Planungssicherheit für landwirtschaftliche Betriebe ist dabei ein zentrales Erfolgskriterium.
Auch die rechtlichen Rahmenbedingungen sind zu überprüfen und anzupassen. Mit Blick auf die Wiedervernässung von Mooren betrifft dies insbesondere Regelungen im Bereich der Land-, Forst- und Wasserwirtschaft sowie des Planungs-, Bau und Wasserverbandsrechts. Hier besteht Anpassungsbedarf, um Hemmnisse zu vermeiden und abzubauen und gleichzeitig bei Zielkonflikten die Interessen der Flächeneigentümer und Flächenbewirtschafter angemessen zu berücksichtigen. Anpassungsbedarf besteht vor allem dort, wo bestehende Regelungen Genehmigungsverfahren erschweren oder zeitlich verzögern, beispielsweise durch unklare Zuständigkeiten, unzureichende Rechtsgrundlagen für die dauerhafte Umnutzung von Flächen oder unzureichende Regelungen zur gemeinschaftlichen Finanzierung und Unterhaltung von Wiedervernässungsmaßnahmen. Zudem ist sicherzustellen, dass bei der Abwägung von Zielkonflikten – etwa zwischen Klimaschutz, Biodiversitätszielen und land- bzw. forstwirtschaftlicher Nutzung – die berechtigten Interessen der Eigentümer/innen und Bewirtschafter/innen angemessen einbezogen und gegebenenfalls durch geeignete Ausgleichs- und Entschädigungsregelungen flankiert werden. Bei Agri-PV besteht der Anpassungsbedarf vor allem bezüglich der gesetzlichen Vorgaben und Genehmigungsprozesse. Dieser betrifft u. a.
- Gewährleistung der Planungssicherheit für die Kommunen und die landwirtschaftlichen Betriebe
- Konfliktregelungen bei der Ausweisung von Anlagen im Flächennutzungsplan als „Sondergebiet Agri-Photovoltaik“,
- Ausweitung der Flächenkulisse für Agri-PV (der abgegrenzte Bereich an Fläche, der politisch, rechtlich oder fördertechnisch für die Doppelnutzung ausgewiesen ist) durch Einbeziehung landwirtschaftlicher Nutzflächen im Rahmen des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG),
- Gesetzliche Einspeisevergütung nach EEG für kleine, nicht ausschreibungspflichtige hoch aufgeständerte Agri-PV-Anlagen
- Ausschreibungen für Agri-PV-Anlagen und die (Teil)-Privilegierung im Baugesetzbuch. Verbesserte Fördersysteme, wie die Innovationsausschreibung im Rahmen der Einspeisevergütung nach dem EEG oder die Anpassung der Verordnung zu den GAP-Direktzahlungen unterstützen die Sicherung der Rahmenbedingungen.
Die DIN SPEC 91434, die Anforderungen an die landwirtschaftliche Hauptnutzung von Agri-Photovoltaik-Anlagen definiert, stellt eine weitere entscheidende Voraussetzung für eine erfolgreiche Marktdiffusion dar. Sie schafft eine verbindliche Prüfgrundlage für Gesetzgeber, Fördermittelgeber und Genehmigungsbehörden und legt zugleich Qualitätskriterien für den Bau und den Betrieb von Agri-PV-Anlagen fest.
Integrierte Ansätze, die staatliche Finanzierungs- und Förderprogramme sowie Maßnahmen von Markt- und Innovationsförderinstitutionen aufeinander abstimmen und dabei die relevanten Akteure aus Forschung, Landwirtschaft, Industrie, Verbänden, Kammern und Energieversorgungsunternehmen einbeziehen, spielen eine zentrale Rolle bei der Mobilisierung der Ressourcen, die für die Weiterentwicklung neuer Bewirtschaftungsformen erforderlich sind. Strukturpolitisch geförderte Innovationscluster könnten die Entwicklung und Anwendung neuer Geschäftsmodelle beschleunigen.
Besonders bei der Wiedervernässung von Mooren bestehen erhebliche Herausforderungen. Die Akzeptanz in der Landwirtschaft könnte durch eine transparente Informationspolitik, Aufklärung über Klima- und Naturschutzwirkungen sowie durch partizipative Verfahren in betroffenen Regionen gestärkt werden. In Bezug auf Agri-PV-Anlagen sind Schulungs- und Beratungsangebote für Kommunen und Genehmigungsbehörden notwendig, um das notwendige Planungswissen aufzubauen. Für eine wirtschaftliche Etablierung von Paludikulturen ist es zudem empfehlenswert, geeignete Anreizsysteme zu schaffen, die sowohl die Nutzung der erzeugten Paludi-Biomasse als auch der daraus hergestellten Paludi-Produkte einbeziehen. Für nachhaltig produzierte Paludikultur-Produkte könnten Zertifizierungen (z. B. Gütesiegel) die erfolgreiche Vermarktung unterstützen. Eine flankierende und gezielte Innovations- und Investitionsförderung kann darüber hinaus wesentlich dazu beitragen, neue Wertschöpfungsketten in der Paludikultur aufzubauen und zu etablieren. Diese Förderung könnte etwa Forschungszuschüsse für technische Weiterentwicklungen umfassen, Investitionshilfen für Betriebe beim Aufbau geeigneter Produktionsanlagen sowie Programme zur Markteinführung neuer Produkte. Dazu zählen insbesondere die Förderung von Forschungs- und Demonstrationsvorhaben zur Anbauoptimierung torferhaltender Kulturen wie Schilf, Rohrkolben oder Torfmoos, die Entwicklung geeigneter Ernte- und Aufbereitungstechnologien für Nassstandorte sowie Investitionen in regionale Verarbeitungs- und Logistikstrukturen. Mögliche Förderinstrumente umfassen Investitionszuschüsse für Maschinen und Anlagen, Risikoabsicherungen für Modellvorhaben, Prämienprogramme für den Aufbau von Absatzmärkten (z. B. für Baustoffe, Substrate oder biobasierte Dämmstoffe) sowie Beratungs- und Qualifizierungsangebote für Landnutzer/innen.
Ähnliches gilt für die Agroforstwirtschaft. Die weitere Förderung agroforstlicher Systeme erfordert gezielte Programme zur Entwicklung und Verstetigung innovativer Geschäftsmodelle. Diese sollten regional angepasst, ökologisch wirksam und ökonomisch tragfähig sein, um als Alternative zu konventionellen Anbausystemen breite Akzeptanz zu finden.
Büro für Technikfolgen-Abschätzung beim Deutschen Bundestag (TAB) (2025): Resilienz-Dossier Wassermanagement in der Landwirtschaft (Autor/innen: Behrendt, S.; Bledow, N.; Evers-Wölk, M.; Kahlisch, C.; Kollosche, I.; Uhl, A.). Berlin. https://foresight.tab-beim-bundestag.de/wassermanagement-in-der-landwirtschaft